Klettern in den Dolomiten

Zum ersten mal Sella Pass

Bisher hatte es mich noch nicht zum Klettern in die Dolomiten verschlagen. Grund gibt es keinen. Umso gespannter war ich bei der Zufahrt über Gröden und Wolkenstein hoch zum Sella Pass. Hier haben wir uns für die ersten drei Tage im Hotel Maria Flora eingebucht. Nach der Anfahrt und den ersten atemberaubenden Blicken auf die Felsen der Dolomiten beziehen wir zwei sehr schöne Doppelzimmer. Unseres hat einen phantastischen Ausblick auf das Massiv rund um die Toni Demetz Hütte und die Fünffinger Spitze.

Bei bestem Wetter packen wir schnell aus und machen uns kurz danach auf eine erste Erkundungstour zu den Sella Türmen. Der Weg beginnt direkt hinter dem Haus. In knapp 30 Minuten stehen wir am Einstieg des Ersten Sella Turmes (Normalweg). Hier erwarten uns keine großen Kletterschwierigkeiten. Wir wollen ein Gefühl für Wegfindung und vorhandene Absicherungen bekommen. Der Einstieg wird uns mit Hilfe von 2 Kletterern erleichtert, die uns ein Seil vom ersten Standplatz herunter lassen, an dem wir uns schnell hochziehen können. Der weitere Weg verzweigt auf mehrere Routen im Gebereich, vereinigt sich dann aber nach 150 bis 200 Meter wieder zu einem Weg. In Serpentinen steigen wir höher. Immer wieder wechseln sich Gehgelände und leichte Kletterei ab. Zum Schluss queren wir den Hang und steigen zum Gipfel des ersten Sella Turmes.

Zweiter Sella Turm

Der nächste Tag beginnt mit Wolken und kurzen Schauern, so dass wir erst mal auf Wanderschuhen um die Sella Türme wandern und uns Routen ansehen. Gegen Mittag bessert sich das Wetter und wir gehen den zweiten Sella Turm Normalweg an. Auf dem Weg zum Einstieg beobachten wir Kletterer in der Kaminführe zum ersten Sella Turm. Vielleicht eine Tour für den nächsten Tag?

Gut die Hälfte der Strecke zum zweiten Sella Turm ist identisch mit der vom Vortag. Bevor man in die lange Querung zum Gipfel des ersten Sella Turms abbiegt müssen wir dieses Mal höher steigen. Es folgt mehr Kletterei im II- bis IIIer Gelände, so dass unser Seil zum ersten Mal zum Einsatz kommt. Die letzte Seillänge zum Gipfel wird als schwierigste Seillänge beschrieben. Es finden sich aber immer Griffe und Tritte, so dass die Kletterei der letzten Seillänge keine Probleme bereitet.

Die Kaminführe

Am nächsten Morgen sichten wir die Bilder und Filme von der Kaminführe und beschließen die Route zu versuchen. Am Einstieg müssen wir warten, bis wir endlich Fels in die Hand nehmen dürfen. Die erste Seillänge von 60 Metern gehen wir fast aus und bauen einen eigenen Standplatz, da die vorhandenen Hacken alle belegt sind. Wir haben uns den leichteren linken Teil der Route ausgesucht. Bei der Wegfindung hilft uns die Studie der Topos, aber auch die Sichtung der Bilder und Filme. Beim Ausstieg auf den Gipfelgrat steigen wir zu früh hoch und landen im Kamin mit einer Schwierigkeit von IV-. Der Kamin ist aber griffig und kommt mir leichter vor.

Die „größte“ Herausforderung stellt ein Sprung auf dem Gipfelgrat über eine Schlucht von ca. 2 Meter Breite dar. Ich stehe davor und fange an zu überlegen, was alles schief gehen könnte. Das ist ein Fehler. Als ich dann im Tal diverse Zuschauer entdecke nehme ich allen Mut zusammen und springe. Es ist viel leichter als gedacht, wenn nicht das Grübeln angefangen hätte. Am Gipfel machen wir eine Rast und entdecken erst beim Abstieg, dass wir uns auf einer Wiese mit zahlreichen Edelweiß ausgeruht haben.

Wechsel zur Toni Demetz Hütte

Der nächste Tag hat blauen Himmel und viel Sonne mitgebracht. Wir verlassen das Hotel Maria Flora und wandern zur Toni Demetz Hütte empor. Die Möglichkeit mit dem Lift bis direkt „in“ die Hütte zu fahren wollen wir nicht nutzen. So steigen wir in voller Sonne und endlos erscheinenden Serpentinen auf. In der Hütte werden wir von der Junior-Wirtin und ihrem Vater sehr nett empfangen. Der Seniorchef ist sehr auskunftsfreudig, was Routen angeht.

Den Nachmittag verbringen wir im Klettergarten hinter der Hütte, aber immer mit einem Blick auf die Daumenkante der Fünffinger Spitze.

Oskar-Schuster Steig

Am nächsten Tag haben wir uns den Oskar-Schustersteig vorgenommen. Eine Wanderung inkl. Klettersteig rund um die Fünffingerspitze/ Grohmannspitze/ Plattkofel. Wir brechen zeitig auf und genießen den Abstieg zur Langkofelhütte, der noch im Schatten liegt. Erst kurz vor dem Einstieg in den Klettersteig erwischen uns die ersten Sonnenstrahlen. Der Klettersteig beginnt mit Gehgelände im I‑IIer Bereich. Erst nach gut 20-30 Minuten müssen wir das erste Mal die Karabiner des Klettersteigsets zum Einsatz bringen. Der Steig ist sehr gut versichert und hinterlässt einen nagelneuen Eindruck bei uns.

Als wir aus der Schlucht auf den Gipfelgrat treffen ist es mit der Ruhe vorbei. Massen an Wanderern kommen über den „Normalweg“ zum Plattkofel Gipfel. Auch der Gipfel ist ein Lager. Der Ausblick auf die fernen Gipfel von Brenta, Adamello/ Presanella oder Stubaital ist ein Hochgenuss. Leider ist es bei diesem Andrang kein Vergnügen seine Rast auszudehnen. So brechen wir schnell wieder auf und überholen zahlreiche Wanderer im Auf und Abstieg. Nach einer Rast im Rifugio Sandro Pertini queren wir bis zum Weg zur Toni Demetz Hütte. Jetzt müssen wir uns noch mal gut 300 Höhenmeter nach oben quälen. Aber es kneift keiner und nutzt die Variante den Lift als Aufstiegshilfe zu benutzen.

Die Daumenkante

Unser letzter Klettertag ist sicherlich das Highlight der Woche. Wir nehmen die Daumenkante in Angriff. Es geht früh los, da für den Nachmittag Gewitter angekündigt werden und wir vor den ersten Lift-Kletterern los wollen. Einstieg und anschließende Querung sind gut zu finden. Und auf dem Grad ist der Routenverlauf selbsterklärend: immer auf der Kante nach oben. Den 4. Und 5. Standplatz bauen wir selber, da wir wahrscheinlich zu weit vom Grat weg waren. Alle anderen Standplätze haben wir gefunden.

Am Gipfel beginnen wir nach kurzer Rast mit dem Abseilen. Wir nutzen auf Empfehlung ein 60 Meter Seil zum Abseilen und schaffen es mit vier Mal Abseilen bis ins Joch. Abseilen ist aber auch problemlos mit zwei 60 Meter Seile möglich, da die Abseilstände gut zu finden sind (entgegen der Empfehlung). Vom Joch klettern wir ein kleines Stück durch eine Rinne ab und halten uns links (Blickrichtung Tal) an der Felswand mit einigen Bohrhacken. Nach einer Felsnase kommt der nächste Abseilstand. Wir Seilen noch einmal ab und gehen den Rest bis zur Kante, an der wieder abgeseilt werden muss, in leichtem Gelände.

Von der Kante blicken wir auf die unter uns liegende Toni Demetz Hütte. Die Standplätze in der Wand lassen sich gut finden. Auch hier ist die Verwendung von zwei 60 Meter Seilen hilfreich.

Als wir auf der Hütte ankommen sind wir froh auch den Rückweg so gut gefunden zu haben. Wir genießen draußen ein kühles Getränk und träumen von dem Erlebten. Abends kommt das angekündigte Gewitter und bringt ordentlich Regen und Hagel. Zum Glück hat es uns nicht am Berg erwischt.

Am nächsten Morgen steigen wir frühzeitig ab, da ab 9 Uhr die Straßen zum Sella Pass gesperrt werden sollen (Umweltschutz Experiment). Es waren wunderschöne Tage in den Dolomiten und wir haben noch viele Ideen für den nächsten Aufenthalt entwickelt.